Hochwasserschutz: Polder als mögliche Lösung gegen die Fluten

Einblick
Hochwasserschutz: Polder als mögliche Lösung gegen die Fluten
Freistett
CDM Smith wurde in einer Arbeits­ge­mein­schaft damit beauftragt, die Planung des Polders Freistett/Rheinau/Kehl (FRK) am Oberrhein zu begleiten. Im Interview erklärt Projekt­ma­na­ger Siegfried Wagner, wie ein Polder funk­tio­niert und welche Heraus­for­de­run­gen bei dem neu gewonnenen Projekt warten.

Hochwasser ist ein sehr aktuelles Thema. Wie sieht denn das Hoch­was­ser­schutz­pro­gramm am Rhein aus?

Baden-Württemberg hat vor vielen Jahren das Integrierte Rhein­pro­gramm mit den Partnern Frankreich und Rheinland-Pfalz ins Leben gerufen. Im Zuge dessen entstehen in Baden-Württemberg insgesamt 13 Hoch­was­ser­rück­hal­te­räume, vornehmlich Polder, entlang des Rheins. Eine Damm­rück­ver­le­gung, bei der dem Rhein natürliche Überflutungsflächen zur Verfügung gestellt werden, wird in geringem Umfang zur Hoch­was­ser­rück­hal­tung eingesetzt. 

Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass aktuell vieles für den Hoch­was­ser­schutz unternommen wird. Trotzdem sollte das Thema noch relevanter werden. Viele Kommunen beschäf­ti­gen sich noch viel zu wenig damit.

Du hast gerade sogenannte Polder erwähnt. Wie kann man sich einen Polder und dessen Funktion vorstellen?

Polder sind Rück­hal­te­räume. Man kann es sich so vorstellen, dass die Tore des Polders bei Hochwasser geöffnet werden und so ein Teil der Hoch­was­ser­welle in den Rück­hal­te­raum fließt. Der Scheitel der Hoch­was­ser­welle wird dadurch gezielt herab­ge­setzt. Nach dem Durchlaufen der Welle kann das Wasser wieder in den Rhein zurück­flie­ßen. Bei unge­steu­er­ten Poldern gibt es keine Tore. Die füllen sich ab einem bestimmten Wasserstand über eine feste Schwelle automatisch.

Polder sind also grund­sätz­lich künstliche Bauwerke?

Meistens schon. Sie werden aber möglichst naturnah gebaut. Außerdem helfen ökologische Flutungen dabei, Pflanzen und Tiere an den neuen Zustand zu gewöhnen.

Wie funk­tio­nie­ren ökolo­gi­sche Flutungen?

Der planmäßige Reten­ti­ons­fall und damit die Füllung des Hoch­was­ser­rück­hal­te­rau­ms kommt vielleicht alle 20 bis 50 Jahre vor. Um die im Polder vorhandenen Lebens­ge­mein­schaf­ten für große Reten­ti­ons­flu­tun­gen gegen das Hochwasser resistent zu machen, finden in regel­mä­ßi­gen Abständen kleinere Flutungen des Polders statt. Dann werden beispiels­weise schon bei kleineren Hochwassern die Tore geöffnet. Durch die ökolo­gi­schen Flutungen lernen Tiere Fluchtwege kennen und die Pflanzen gewöhnen sich an die höheren Wasser­stände. Das heißt aber auch, dass der Anteil an nicht hoch­was­ser­re­sis­ten­ten Pflanzen in dem Raum zurückgeht und sich die Lebens­ge­mein­schaf­ten verändern.

Hoch­was­ser­schutz sollte ein rele­van­te­res Thema werden.
Siegfried Wagner, Projektmanager

Im Zuge des Hoch­was­ser­schutz­pro­gramms am Rhein hat CDM Smith ein neues Projekt gewonnen. Wie sieht das Projekt konkret aus?

Wir beteiligen uns an einem großen Planungs­pro­jekt: Dem Bau des Polders im Raum Freistett/Rheinau/Kehl, zwischen Baden-Baden und Offenburg. Der Polder wird einer der geplanten 13 Rück­hal­te­räume des Inte­grier­ten Rhein­pro­gramms in Baden-Württemberg. Geplant ist ein steuerbarer Polder mit Ein- und Auslass­bau­wer­ken. CDM Smith steht bei diesem Projekt in einer Arbeits­ge­mein­schaft mit UNGER Ingenieure. Dabei sind wir mit den Objekt- und Fach­pla­nun­gen von der Grund­la­ge­nermitt­lung über Vari­an­ten­un­ter­su­chungen bis zum Plan­fest­stel­lungs­ver­fah­ren beauftragt. Der offizielle Start des Groß­pro­jekts war im Juli 2018. Ich schätze, das Projekt wird rund 15 Jahre bis zur Fertig­stel­lung dauern.

Wird es besondere Heraus­for­de­run­gen beim Bau des Polders im Raum Freistett geben?

Heraus­for­de­run­gen gibt es bei jedem Projekt. Speziell bei diesem ist es die vorhandene Infra­struk­tur mit Strom­tras­sen, Landes­straße, Kieswerke, Tanklager und eine Werft, die im zukünftigen Über­flu­tungs­ge­biet stehen. Zur Zeit liegen diese noch im geschützten Raum hinter dem Stauhaltungsdamm.

Es scheint auch andere Heraus­for­de­run­gen zu geben. Im Zuge der Planungen zum Polder sind auch Bedenken vonseiten der Bevölkerung zu erwarten. Welche sind dies?

Es gibt verschie­dene Gründe dafür. Landwirte haben beispiels­weise Angst um ihre Felder. Manchmal geht es aber auch um ganz nahe­lie­gende Dinge. Ein mögliches zukünftiges Schna­ken­pro­blem oder steigende Grund­was­ser­stände und damit nasse Keller, zum Beispiel. In der Vergan­gen­heit haben wir aber immer gute Wege gefunden, diese Probleme zu lösen.

War CDM Smith schon einmal an ähnlichen Projekten beteiligt?

Ja, wir sind und waren bereits an der Planung verschie­de­ner Polder beteiligt. Sehr ähnliche Projekte sind der Rück­hal­te­raum Elisa­be­then­wörth, nördlich von Karlsruhe und der Polder Ichenheim bei Offenburg. Beide zählen wie der Polder Freistett zu den 13 geplanten Rück­hal­te­räu­men, die im Zuge des Inte­grier­ten Rhein­pro­gramms entstehen.

CDM Smith ist eines der führenden Ingenieur- und Consultingunternehmen in den Geschäftsfeldern Wasser, Umwelt, Infrastruktur, Energie, Bauwerke und Geotechnik. Wir sind Berater und Planer, realisieren aber auch komplette Bauprojekte – für unsere Kunden aus Industrie, Gewerbe und öffentlicher Hand.

Siegfried Wagner Siegfried Wagner
Beim Schutz gegen Hochwasser sind technische Lösungen gefragt: Polder zum Beispiel.